17. April 2025: Studie fordert gezielte Hilfen für drogengebrauchende Menschen

Buchveröffentlichung: Studie fordert gezielte Hilfen für drogengebrauchende Menschen

Eine aktuelle NRW-weite Studie zur Situation in offenen Drogenszenen offenbart alarmierende Daten: Fast 80 Prozent der befragten Personen haben Haft­erfahrungen, die durchschnittliche Haftdauer liegt bei knapp sechs Jahren. Mit den Haftzeiten steigen gesundheitliche Risiken deutlich an – insbesondere Infektionen mit Hepatitis C und HIV.

Die Untersuchung, durchgeführt von einem Forschungsteam um Prof. Daniel Deimel, befragte über 500 drogengebrauchende Menschen in den Städten Düsseldorf, Essen, Köln und Münster. Im Fokus standen ihre Lebenslagen, der Substanzkonsum sowie die Nutzung und der Zugang zu Hilfsangeboten.

Die Studie zeigt:
39 % der ehemals inhaftierten Personen sind mit Hepatitis C infiziert – verglichen mit 33 % unter den Nicht-Inhaftierten.
Der HIV-Anteil liegt mit 6,3 % bei Haft­erfahrenen achtmal höher als bei jenen ohne Haft (0,8 %).
Zudem fehlt es vielen an grundlegender Gesundheitsversorgung: 17 % der Befragten sind nicht krankenversichert.
Der Großteil von ihnen konsumierte Crack (24-Stunden-Prävalenz: 55,8?% & 30-Tage-Prävalenz 69,1?%)

Die Forschenden leiten daraus folgende Empfehlungen ab:
Infektionsschutz ausbauen – niedrigschwellige medizinische Angebote direkt vor Ort, z.?B. mobile Testbusse oder Behandlungsmöglichkeiten in Konsumräumen.
Haftentlassene besser versorgen – zügiger Übergang in medizinische Versorgung und Suchthilfe, inklusive Gesundheitskarte.
Krankenversicherungslücken schließen – durch kommunale Clearingstellen, Notfallregelungen und Rechtsberatung.
Housing First und Beschäftigungsangebote – um Rückfallrisiken nach Haft zu senken.
Crack-spezifische Angebote stärken – etwa eigene Konsumräume oder medizinisch-psychiatrische Anlaufstellen für schwer erreichbare Konsumierende.

Die Studie appelliert an Politik und Gesellschaft, nicht nur repressiv, sondern gesundheitsorientiert und sozial inklusiv zu handeln. Menschen aus offenen Drogenszenen seien häufig hoch belastet, aber "aktive Gestalter*innen ihres Lebens", so das Forschungsteam. "Haft, Krankheit, Obdachlosigkeit – das darf kein Drehtüreffekt sein. Wir brauchen ein System, das Zugänge schafft, statt weiter auszuschließen", sagt Prof. Dr. Daniel Deimel.

Hintergrund
Die Studie "Offene Drogenszenen in NRW 2024" wurde im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW durchgeführt und basiert auf 525 persönlichen Interviews.

Die Studie steht als PDF-Datei zum kostenlosen Download zur Verfügung. Den Link zum Download finden Sie unter pabst-publishers.com.