31. März 2022 - Drogengebrauchende Menschen und Selbsthilfeverbände sowie Beratungsstellen und Fachverbände fordern seit vielen Jahren die rechtliche Absicherung und Einführung von Drug-Checking-Angeboten in Deutschland. Der diesjährige internationale Drug Checking Day am 31. März bietet Anlass Bilanz zu ziehen, wo wir in Deutschland und in NRW aktuell stehen.
Drug Checking wirkt - das zeigen die langjährigen internationalen Erfahrungen
Drug Checking, oder auch analysegestützte Beratung, ist ein integriertes Angebot der Gesundheitsförderung und Schadensminimierung, das Konsument*innen über Zusammensetzung, Wirkweisen und mögliche Risiken der von ihnen konsumierten Substanzen aufklärt. Unbestritten ist sicherlich die Beratung, kontrovers ist jedoch der laboranalytische Teil, da es sich vermeintlich um den Umgang mit Betäubungsmitteln handelt. Die Unbedenklichkeit ist mittlerweile in mehreren Rechtsgutachten aufgezeigt worden, so zuletzt im Berliner Modellprojekt, dessen Startschuss sich jedoch immer noch verzögert. In anderen Ländern wie etwa der Schweiz und Österreich wird Drug Checking bereits seit Jahrzehnten erfolgreich angeboten und ist dort in vielen Einrichtungen etablierter Baustein des Drogenhilfesystems. Eine im letzten Jahr vorgelegte Studie im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Gesundheit belegt, dass Drug Checking gesundheitliche Beeinträchtigungen bis hin zu tödlichen Überdosierungen verhindern kann. Zudem werden Personen erreicht, die ohne dieses Angebot nicht den Weg in Drogenberatungsstellen finden. Auch geeignete Rahmenbedingungen für Drug-Checking-Angebote in den Schweizer Kontakt- und Anlaufstellen (niedrigschwellige Angebote der Überlebenshilfe, vergleichbar mit Kontaktcafés) wurden bereits evaluiert.
Commitment für die Sache gibt es aus in mehreren Bundesländern
Unerwartet an Berlin vorbeigezogen ist im letzten Jahr ein Projekt aus Thüringen. Das Safer-Nightlife-Projekt Drogerie in Trägerschaft der SiT-Suchthilfe hat im Auftrag der Thüringer Landesregierung und in Kooperation mit dem Unternehmen miraculix eine kreative wie rechtssichere Lösung entwickelt und ist nun bereits seit einigen Monaten aktiv. Das Projekt hat seine Arbeit auch bereits im Drogenkurier, dem Magazin des JES-Bundesverbands, vorgestellt.
Neben Berlin und Thüringen gibt es in weiteren Bundesländern zumindest politische Bekenntnisse in Form von Koalitionsverträgen, so in Hessen und auf kommunaler Ebene in Frankfurt am Main, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Eine im letzten Jahr von Hessen eingereichte Bundesratsinitiative wurde außerdem im Vorfeld von Hamburg und dem Saarland unterstützt.
Zudem hat sich eine Mehrheit der Parteien auf Bundesebene, mit jeweils eigenen Akzenten und zum Teils Bedenken, für Drug Checking ausgesprochen. Dies haben die Wahlprüfsteine der Deutschen Aidshilfe zur Bundestagswahl 2021 ergeben.
NRW hinkt hinterher - trotz viel Unterstützung aus der Fachwelt
In NRW fand 2019 ein gemeinsames Fachgespräch von Aidshilfe NRW, akzept NRW und JES NRW statt, bei dem die Chancen und Herausforderungen der Einführung eines solchen Angebots in NRW ausgelotet wurden. Die kommende Landtagswahl am 15. Mai könnte nun eine neue Chance sein, endlich nachzuziehen. Angesichts des dramatischen Anstiegs an Drogentodesfällen, zuletzt um knapp 40 Prozent in NRW, wäre dies - als einer von vielen Bausteinen - dringend angezeigt. Lediglich die Wahlprogramme aktuell außerparlamentarischer Parteien – wie etwa Die Linke und die Piratenpartei – enthalten jedoch Forderungen nach Drug Checking. akzept NRW führt aktuell eine Befragung der Landesparteien durch, die auch eine Frage zu Drug Checking enthält. Die Antworten werden hier zeitnah veröffentlicht werden. Zudem plant der akzept-Bundesverband eine weitere Fachtagung zum Thema, die im Juni in Frankfurt stattfinden soll.
Mehrere Empfehlungen auf Landesebene greifen das Thema bereits befürwortend auf, so das Landeskonzept zur Weiterentwicklung der HIV-/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen (2012), die Empfehlung der Landeskommission AIDS zur Verbesserung der Lebenssituation Drogen gebrauchender Menschen im Kontext von HIV/Aids und Hepatitis (2017) und zuletzt die Harm-Reduction-Empfehlung (2020) des Beirats der Suchtkooperation NRW und der Arbeitsgemeinschaf AIDS-Prävention NRW.